1. Ökumenischer Kirchentag
"Drei Wege ein Ziel" -
18. Juni 2000
Abschlusspredigt zum Ökumenetag 2000 – Dreiecke
1. Teil
Vom Hl. Augustinus > Geschichte Dreifaltigkeit ergründen
- „eher schöpfe ich das Meer aus, als du die heilige
Dreifaltigkeit ergründet hast.“
Einladen – auf die Spur der Dreifaltigkeit zu begeben
Spur von Dreiheiten und Dreiecksverhältnissen
3 ist eine hl. Zahl
Schauen wir auf die Dinge dieser Welt, sehen wir vieles, bei dem die
Drei vorkommt:
- Ein Stuhl mit drei Beinen fällt nicht um.
- Ein Dreirad – als Fahrrad oder wie früher als Auto
ist ein stabiles Gefährt.
- Beim Bauen bedeutet das Dreieck in hohem Maße Stabilität.
Schauen Sie sich mal Brückenkonstruktionen an.
Und dann bedenken Sie andere Dreien:
- Im Märchen gibt es oft die drei Wünsche frei, die
Menschen zu größerem Glück nutzen können – die
sie aber leider, wie wir wissen, oft verscherzen, weil sie die Chance
nicht wirklich begreifen, die ihnen geboten wird.
- Triathlon, der griechische Dreikampf, der den ganzen Menschen
herausfordert
- Es gibt den Hinweis, um psychisch gesund zu bleiben, dass es
nicht gut ist, nur polig zu denken – in entweder Dies oder Das – sondern
eine dritte Idee zu Lösung von Problemen zu entdecken.
Bei den Beziehungen, die Menschen miteinander aufbauen, hat die Drei
eine hohe Bedeutung:
- In vielen Parlamenten gibt es das Dreiparteiensystem. Die dritte
Partei, und wenn sie auch nur klein ist, bringt Bewegung und Herausforderung
in die politische Landschaft.
- Und denken Sie nur an Köln im Karneval: dort gibt es seit
altersher das Dreigestirn. Ich glaube die Dynamik, die diese Dreierbeziehung
mit sich bringt, hat sich bewährt, sonst würde sie nicht mehr
existieren.
- Den Mensch an sich können wir in drei Phasen betrachten:
der heranwachsende junge Mensch, der Mensch in der Mitte seiner Schaffenskraft
und Fruchtbarkeit und der alternde Mensch, der das Leben in der schwarzen
Phase loslassen muss. Es sind Erscheinungsweisen ein und desselben Menschen,
die zu jedem von uns gehören.
Auch in der Bibel stoßen wir auf Dreiergeschichten:
- Jesus nimmt je drei Jünger mit, wenn es ihm um ganz wichtige
Dinge geht – auf den Berg der Verklärung (Mt 17,1-9; Mk 9,2-10;Lk
9,28b-36) und in den Garten Getsemani (Mt 26,37; Mk 14,33).
- Dreimal verleugnet Petrus Jesus bei seiner Gefangennahme (Mt
26,69-75; 14,66-72; Lk 22,56-61) und dreimal fragt Jesus nach seiner
Auferstehung: Liebst du mich? (Joh 21,15-17)
- Im AT
- als Jakob auf Brautschau ging, kam er an einen Brunnen. Dort lagerten
drei Herden von Schafen und Ziegen (gen 29,2)
- die Mutter von Mose hielt ihren kleinen Sohn drei Monate verborgen,
ehe sie ihn in einem Binsenkörbchen auf dem Nil aussetzte.
- In der Offenbarung des Johannes wird die neue Stadt Jerusalem schließlich
so beschrieben: „Im Osten hat sie drei Tore, im Norden drei Tore,
im Süden drei Tore und im Westen drei Tore (Off 21,13).
Wenn Sie diese Dreiergeschichten in der Bibel interessieren: mehr als 300 mal wird die Zahl Drei erwähnt. Hätten Sie das gedacht?
Die Urbeziehung eines jeden Menschen ist eine Dreierbeziehung; Vater, Mutter und Kind. Jeder und jede von uns ist daraus hervorgegangen und kennt darum das Leben im Dreieck mit all den Vorzügen und Anstrengungen.
Dreiecksbeziehungen: da geht bei Manchem von uns die rote Lampe an. Ist der Mensch nicht dafür geschaffen, in der Zweisamkeit nach Einheit zu streben? Wer in einer Geschwisterkonstellation zu dritt aufgewachsen ist, weiß, dass es nicht geht ohne viel Streit, viel Koalitionen und zeitweiligem Alleinsein. Aber solch eine Geschwisterkonstellation ist eine Herausforderung, bedeutet Wachstum zur eigenen Person hin. Das ist auch in anderen Dreiergruppen so, z.B. wenn wir im Kloster Kommunitäten/Gemeinschaften zu dritt bilden.
Wie ist es in festen Zweierbeziehungen? Gibt es da nicht allezeit
den/oder die Dritte? Ist die Beziehung zu eng oder zu weit gestaltet,
mag es diese dritte Person tatsächlich geben. Ansonsten ist sie
anwesend als Gefahr am Horizont, als evtl. Möglichkeit, die es
auszuschließen gilt. Darum denke ich, dass sie die Beziehung
belebt, auch wenn sie tatsächlich nicht da ist. – Manchmal
ist die dritte Person in der Zweierbeziehung vielleicht die Freundin,
mit der sich die Ehefrau austauscht und so neue Impulse in die Zweierbeziehung
einbringt. Jedenfalls muss mancher Mann die Herausforderung annehmen,
die ihm seine Frau dann bietet und wächst daran, wird fruchtbar.
Was ist also mit der sogenannten Zweierbeziehung, ist sie nicht doch
ein Dreier?
Dreierbeziehungen – sie sind so stabil wie eine Dreiecksfigur,
in sich ruhend, aber nie langweilig, dynamisch – und doch eine
Einheit.
Nutzen Sie die Zeit bei Tönen von Triangeln über ihre Beziehungen
nachzudenken – vielleicht auch über ihre Dreiecksbeziehungen!
2. Teil
Wie sieht ein Dreieck eigentlich aus?
Ist es so richtig oder so?
(Ein Dreieck wird gezeigt)
Es gibt viele Möglichkeiten zu einem Dreieck, probieren Sie die Vielzahl mal aus.
Menschen, die sich mit Dreiecken länger beschäftigt haben,
legten fest, dass ein Dreieck, dessen Dynamik nach oben zeigt, ein
männliches Dreieck ist. Die Dynamik weist nach oben, in die Welt,
bedeutet evtl. Potenz, Verstand, und Weitblick.
Darum ist das andere Dreieck, welches mit der Spitze nach unten zeigt,
das weibliche Dreieck. Es mag das weibliche Becken darstellen und deutet
auf die Erde hin, bezeichnet Tiefe, Gefühle und Sinnlichkeit.
Wie kann man nun umgehen mit diesen beiden Dreiecken? Wie sind sie
zusammenzufügen?
(ausprobieren/unterschiedlich zusammenfügen)
- Eine sehr stabile Konstruktion entsteht, etwas Tragfähiges.
- Ein Stern – männliches und weibliches Zueinander
oder Übereinander ist wie die Geburt neuen Lebens. Nicht zufällig
wird die Geburt eines Menschen mit einem Sternchen gekennzeichnet.
- Eine sehr zarte Berührung, sehr zerbrechlich aussehend.
So zerbrechlich kann die Zeit zwischen Männlichem und Weiblichem
sein.
Aber es ist auch der Beginn von einer ganz neuen Figur: das X, das
für Christus seit alters her ein Zeichen ist. Vielleicht ist es
so, dass in Christus Jesus, diesem neuen Mann, wie er oft bezeichnet
wird, Männliches und Weibliches sich in neuer Weise verbinden.
- Ein Dreieck, das Zeichen für Gott schlechthin. Die drei
Seiten mögen ein Hinweis sein, dass Gott sich uns je von einer anderen
Seite zeigt. Mal wie ein Vater oder wie eine Mutter, wie ein Sohn oder
eine Tochter, dann wie lebensspendender Geist; oder auch nicht verstehbar,
uns überfordernd. Sicherlich kennen sie noch viele Facetten, wie
Sie Gott erfahren.
In alter Zeit sahen die Menschen in diesem Dreieck für Gott drei
Göttinnen; die weiße, die rote und die schwarze – das
waren die junge, die fruchtbare und die alte Frau – drei Erscheinungsweisen
ein- und derselben. Zu der Zeit galt in der Gesellschaft die Frau als
das höchste und Heiligste, da aus ihr das Leben hervorkam.
Je mehr Männer die Tonangebenden wurden, desto mehr änderte
sich das Gottesbild. Gott wurde wie ein Mann angesprochen – der
Herr – und sprach und handelte wie ein Mann, z.B.: „Da
formte Gott, der Herr . . .“ (gen 2,7) im Schöpfungsbericht.
Das Volk Israel kannte in alter Zeit nur noch in den Nachbarvölkern
Göttinnen. Die christlichen Theologen bezeichnen nun Gott mit
Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Welche Bilder sind in uns, wenn wir in solchen Wörtern unsere
Erfahrung mit Gott ausdrücken? (ich zähle je drei Eindrücke
von mir auf)
Vater: - Richter – Endgericht
- Retter – Helfer durch das rote Meer – aus der Gefangenschaft
heraus
- Schöpfer – Erschaffer des Menschen
Sohn: - vom Vater etwas mitteilen
- Das Erbe des Vaters erkennbar machen
- Eigenes Profil zeigen, d.h. konsequent für die Benachteiligten eintreten
bis
zum eigenen Tode
Geist: - Geist ist lebendigmachend, was bewegt und belebt (2 Tim 1,7)
- ist neuer Bund, ist Freiheit zu handeln, nicht Gesetz und Buchstabe
- ruht auf Menschen und kann sie zu erstaunlichen Taten befähigen
(1 Sam 16,13)
Für mich bedeutet Trinität aber auch Mutter, nämlich:
- Erhalterin – den Kreislauf des Lebens immer neu ermöglichen
- Geborgenheit – wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel
nimmt (Mt 23,37)
- Mutterschoß – Barmherzigkeit
Zu Hl. Geist fällt mir ein:
das hebräische Wort für Geist heißt „Ruach“ und
ist damit ein weibliches Wort. In unserer weithin männlich benannten
Trinität gibt es also das Weibliche nach wie vor. Es bedeutet „Wind,
Hauch“. Gemeint ist damit das Lebensprinzip, das der Erschaffung
der Welt zugrunde liegt und das ist weiblich.
Entfaltung Gottes in Trinität kann auch bedeuten:
- der Gott des AT
- der Gott des NT
- der Gott, der mich heute handeln lässt
Was sind Ihre Bilder von Gott?
Gott – so stabil wie ein Dreieck, in sich ruhend, aber nie langweilig,
dynamisch – und doch eine Einheit.
Das Dreieck als Symbol für Gott war schon bei den Ägyptern bekannt, im Christentum wurde es seit dem 11. jahrhundert in Verbindung mit dem Auge Gottes gebracht. Schauen Sie mal auf alten Bildern nach diesen alten Gotteszeichen.
(Dreieck zeigen mit Auge in der Mitte)
Für mich ist es eine gute Vorstellung, das wachende Auge Gottes über all meinem Tun zu wissen – nicht beobachtend, um zu strafen, wie sicher früher viele von uns gelernt haben, sondern bewahrend und schützend. Solch ein Gott hilft mir zu leben!
Singen wir gemeinsam „Wir strecken uns nach dir“
3. Teil
Wie können wir Christen nun im Alltag mit diesem Gott umgehen?
Ich möchte, um beim heutigen Prinzip zu bleiben, drei Aspekte
des Lebens nennen – Gebet, Arbeit und Musse.
Gebet: - mein persönliches Gebet ist wichtig, meine Zeit für
Gott
- Gottesdienst in der und mit der Gemeinde, um Stärkung durch
andere zu
erfahren und Stärkung zum Glauben zu geben
- Schriftlesung, um meine persönliche Weisung zu erkennen
Arbeit: - um den Lebensunterhalt zu sichern
- um Weiterbildung bemüht sein, um fit zu sein für zeitgemäße
Arbeit
- Einsatz für den Nächsten
- tatsächlich „barmherziger Samariter“ sein
- an Strukturen arbeiten, damit nicht noch mehr Menschen unter die
„Räuber“ fallen müssen, d.h. in politischen Aktionen engagiert
sein,
z.B. Erlassjahr 2000
Musse: - die Seele baumeln lassen – Erholung
- Essen und Trinken und Schlafen
- Gemeinschaft
Zurück zum Ereignis, warum wir hier heute zusammengekommen sind. Drei christliche Konfessionen feiern einen ökumenischen Kirchentag. Es wird kein Zugfall sein, dass dies am Dreifaltigkeits- oder Trinitatissonntag so ist. Wie in der Trinität verschiedene Facetten Gottes sichtbar werden, so sind es hier die verschiedenen Facetten der einen christlichen Kirche. Jede Konfession hat ihren besonderen Akzent einzubringen in das gemeinsame Boot. Ich nenne für jede Konfession wieder drei Akzente:
Die griechisch-orthodoxe Kirche:
- Ikonen – als Erkennungszeichen der orthodoxen Liturgie
- Alte Zeichen- und Symbolhandlungen – wie z.B. an diesem Pfingstfest
sichtbar in den grünen Zweigen und Blättern
- Eine tiefe Frömmigkeit innerlichen Mitbetens, wenn der Priester
die Gebete verrichtet – für die meisten von uns nicht verstehbar
evangelische Christen:
- Bibelkenntnis und Leben vom Wort Gottes
- Freiheit des Christenmenschen
- Für mich sind evangelische Christen sozialpolitisch engagierte Menschen
-
katholische Christen
(es ist schwer über sich selbst zu sprechen – darum nenne ich das,
was mir an meiner Kirche lieb und wichtig ist)
- Eucharistieverständnis – die Realpräsenz Christi in Brot
und Wein
- Die sinnenhaften Zeichen in der Liturgie
- Marienfrömmigkeit – damit haben wir ein weibliches Element in
der Kirche
Drei Monotheistische Religionen: Islam, Juden, Christen
Ich bin froh, dass es die anderen Konfessionen gibt, fühle mich
bereichert durch sie. Gemeinsam sind wir unterwegs zu einem Ziel – Drei
Wege - ein Ziel – wie es auch der einladende Prospekt zu diesem
Tag ausdrückt.
Die christlichen Kirchen in Brühl – sind sie miteinander
so stabil wie ein Dreieck, in sich ruhend, aber nie langweilig, dynamisch
und doch eine Einheit?
Wie in anderen Dreierbeziehungen fühle ich mich herausgefordert
zu wachsen und weiterzugehen auf den Spuren Christi.
In dieser Stunde haben wir die Dreifaltigkeit/Dreiheiten in unserem
Alltag nicht erschöpfend bedacht, wir haben uns ihr angenähert,
vielleicht gemerkt, Dreifaltigkeit kann ein ungeheuer spannendes Thema
sein, dass nicht abstrakt bleiben, sondern vielmehr mit eigenem Alltag
zu tun haben kann.
Zum Schluss drei Wünsche an Sie:
- schauen Sie in die Natur und entdecken Sie Beispiele von Dreiecken,
die Sie
herausfordern zum Leben!
- schauen Sie auf ihre Beziehungen und lassen Sie die Dreierdynamik in Ihnen
fruchtbar werden
- gehen Sie weiter auf Ihrem Lebensweg in der Dreiheit von rot, weiß und
schwarz und seien Sie sich des Segens Gottes gewiss
Klarissa Watermann